„Engel der Blinden“: Helen Keller

Als Helen Keller zwei Jahre alt war, stellte sie sich dem Kampf ihres Lebens: Durch eine schwere Krankheit verlor das kleine Mädchen ihr Augenlicht und den Hörsinn. Erst durch ihre Lehrerin fand sie ins Leben zurück und setzte sich fortan für die Bedürfnisse blinder und tauber Menschen ein.

Die Geduld der Mrs. Macy

Die Folgen ihrer schweren Erkrankung versetzten die kleine Helen in eine tiefe Abgeschiedenheit. Das Mädchen verwehrte sich jeglicher Zuneigung und wusste nicht, wie sie mit ihrer Außenwelt in Kontakt treten konnte.

In ihrer Verzweiflung suchten Helens Eltern Hilfe. Sie lernten Mrs. Anne Sullivan Macy kennen. Selbst erblindet, lehrte sie das Fingeralphabet. Beim Fingeralphabet wird jeder einzelne Buchstabe in die Handflächen der anderen Person gezeichnet. Durch gedankliche Aneinanderreihung sind so ganze Konversationen möglich.

Mit viel Geduld und Zuwendung brachte Mrs. Macy Helen Keller das Alphabet bei, erklärte ihr Gegenstände und Wörter. Gemeinsam erarbeiteten die beiden eine Technik, die es Helen ermöglichte, sowohl die Vibration von Stimmen zu erkennen als auch ihre eigene Stimme zu nutzen.

In einem Film aus dem Jahr 1928 erklärt Mrs. Macy, wie diese Technik funktioniert:

Ihre neu gefundene Sprache ermöglichte Helen Keller erstmals die Kommunikation mit der Außenwelt und legte den Grundstein ihrer Karriere.

Vom einsamen Mädchen zur Ikone

Anne Sullivan Macy wurde zur engen Freundin und treuen Begleiterin von Helen Keller. Als sich die junge Frau 1900 am Radcliffe College einschrieb, zog Macy mit und unterstützte sie während ihres Studiums. Macy übersetzte für sie jede Vorlesung. Wissbegierig studierte Helen Französisch, Deutsch, Latein, Literatur, Philosophie, Ökonomie und Politik. Wenige Jahre später erhielt sie als erste amerikanische blinde und taubstumme Person einen Universitätsabschluss.

Schon während ihres Studiums verfasste Keller ihr erstes Buch „Die Geschichte meines Lebens“, in welchem sie ihren Lebensweg vom vereinsamten Mädchen zur starken Frau beschreibt. Das Buch wurde ein voller Erfolg und gab Menschen ohne körperliche Einschränkungen erstmalig einen Einblick in das Leben körperlich eingeschränkter Personen.

„Alone we can do so little.
Together we can do so much.“
Helen Keller

Mit ihrer steigenden Popularität wurde Helen Keller die Stimme der Blinden. In unzähligen Reisen um die Welt, mehreren Veröffentlichungen und der Gründung einer eigenen Stiftung verschaffte sie einer ganzen Gemeinschaft Gehör und sensibilisierte die Außenwelt für deren Belange. Im Helen-Keller-Archiv können mehr als 470 Reden eingesehen werden.

Helen Keller gab Menschen eine Stimme, die bis dato von der Gesellschaft nicht gehört wurden. Ihr Wirken klingt bis heute nach.